Erste-Hilfe-Kit Demokratie für Verwaltungsmitarbeitende

Ein gemeinsames Projekt von Verwaltung für Demokratie e.V., Politics For Tomorrow und Re:Form

Einleitung

Das Erste-Hilfe-Kit dient als Orientierungshilfe für Verwaltungsmitarbeitende, die sich in ihrer Arbeit mit Weisungen, einem Arbeitsumfeld oder Entwicklungen konfrontiert sehen, die geltendes Recht oder demokratische Grundprinzipien infrage stellen.

Diese Situationen können verunsichern und stressig sein. Möglicherweise ein Gefühl von Druck, Isolation und auch Sorgen um die eigene Karriere und damit Existenzgrundlage auslösen. All das ist nachvollziehbar. Du bist im Zweifel nicht die*der Einzige, der*dem es so geht. Deshalb ist unser Rat und Credo des Vereins: Bleibt nicht allein, schafft Vertrauensräume mit anderen und ermutigt Euch gegenseitig.

Im Folgenden werden Handlungsspielräume aufgezeigt, rechtliche Grundlagen dargestellt und Netzwerke vorgestellt, die Unterstützung bieten.

Ziel ist es, nicht nur das Bewusstsein für die eigenen Rechte und Pflichten zu stärken, sondern auch konkrete Hilfestellungen für den Umgang mit herausfordernden Situationen zu geben. So wollen wir die freiheitlich demokratische Grundordnung unserer Gesellschaft langfristig stärken.

Das Erste-Hilfe-Kit ist ein Werkzeugkoffer und beinhaltet zum einen Grundprinzipien der Arbeit im öffentlichen Dienst und Hinweise auf die Rechtslage. Zum anderen finden sich im Anhang verschiedene Checklisten zu den einzelnen Themen mit Praxistipps, Rechtsprechung, weiterführenden Internetressourcen und konkreten Beispielen, um direkt ins Handeln zu kommen.

Die Inhalte des Erste-Hilfe-Kits basieren auch auf aktueller Rechtsprechung und komplexen Sachverhalten. Gesetze und Auslegung können sich ändern und fortentwickeln, neue Problemstellungen und Veränderungen im Arbeitsalltag können hinzu kommen. Wir werden versuchen, auf solche Entwicklungen einzugehen und das Kit jeweils zeitnah zu aktualisieren. Gerne nehmen wir von euch Hinweise und Feedback auf (info@verwaltung-fuer-demokratie.de), wo aus eurer Sicht Änderungsbedarf besteht oder es etwas Neues gibt, was wir ins Kit aufnehmen können. Die aktuelle Version ist Version 1.

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Grundprinzipien

1.

Verfassungstreue

Der Schutz der demokratischen Grundordnung ist das oberste Prinzip und verpflichtet alle Mitarbeitenden der öffentlichen Verwaltung. Verfassungstreue hat Vorrang vor dem Neutralitätsgebot.

Neutralitätsgebot

Das parteipolitische Neutralitätsgebot soll eine gerechte Amtsführung sicherstellen - unabhängig von politischen Einflüssen. Es bedeutet nicht, dass man sich nicht gegen Rechtsextremismus und andere verfassungsfeindliche Tendenzen offen stellen und sprechen darf! 

Grundrecht und Dienstpflichten

Für die Amtsausübung, den innerdienstlichen Bereich und den privaten Bereich gelten unterschiedliche Regeln. Eine klare Abgrenzung ist entscheidend, um Pflichten und Rechte aller Beschäftigten rechtssicher wahrzunehmen. Zwischen Grundrechten und Dienstverhältnis kann ein Spannungsverhältnis bestehen. Beamt*innen sind Grundrechtsträger*innen, aber können sich während der Amtsführung nicht uneingeschränkt auf diese berufen (z.B. Art. 5 GG Meinungsfreiheit und Mäßigungsgebot sowie parteipolitische Neutralität).

Parteipolitische Arbeit im Amt ist verboten

Beschäftigte im öffentlichen Dienst müssen ihre Entscheidungen am Sachlichkeitsgebot und Willkürverbot ausrichten. Sie erfüllen ihre Aufgaben unparteiisch, bekennen sich aber zu den Verfassungswerten und treten aktiv für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein.

Mäßigungsgebot

Beamt*innen und Beschäftigte müssen sich bei politischen Äußerungen in Zurückhaltung üben, um das Vertrauen in eine unparteiische Verwaltung zu wahren. Das Gebot ergibt sich aus dem besonderen Treueverhältnis bei Beamt*innen, betrifft aber auch alle anderen Beschäftigten.

Remonstrationspflicht

Beamt*innen sind verpflichtet, rechtliche Bedenken gegen Weisungen unverzüglich ihren Vorgesetzten mitzuteilen. Für Tarifbeschäftigte gelten arbeitsrechtliche Schutzmechanismen, die ähnliche Handlungsmöglichkeiten eröffnen. 

Hinweisgeberschutz

Schutzmechanismen für Hinweisgeber*innen sind gesetzlich verankert. Meldungen von Verstößen gegen Gesetze und grundlegende demokratische Prinzipien sind für alle Beschäftigten rechtlich abgesichert.