Stroh-Lehmbauweise macht “Schule” – Lüneburg

Das Problem
Der Standort dieses innovativen Bauprojektes ist ein durch massiven Geschosswohnungsbau geprägter Stadtteil. Der Anteil an Grünflächen ist gering. Auch bei vorherigen Bestandssanierungen war die Folge i.d.R. eine weitere Versiegelung. Einen zusätzlichen Raumbedarf in einem eng bebauten Stadtteil mit homogener Bebauungsstruktur zu decken, stellt bereits eine Herausforderung dar. Hinzu kommt die optische Dominanz an Betonbauten und das Fehlen von naturnahen Aufenthaltsflächen. Hier bedurfte es einer Lösung für einen Schul-Neubau, die einerseits die nötigen Flächen und eine gesunde Raumqualität bieten kann und andererseits eine möglichst geringe zusätzliche Versiegelung oder spätere Entsorgungsproblematik zur Folge hat. Die Lösung sollte ein öffentliches Schulgebäude aus überwiegend nachwachsenden Bau- und Dämmstoffen sein nach den Prinzipien eines geschlossenen Materialkreislaufs. Ein Schulgebäude in Stroh-Lehmbauweise wurde zuvor nie als öffentliches Bauvorhaben geplant und umgesetzt.
Wie wurde das Problem gelöst?
Bereits beim Flächenbedarf wurde auf Synergien gesetzt, um die zusätzliche Versiegelung zu minimieren. Der Baukörper wurde so geplant, dass er sich am Geländeverlauf des Grundstücks und dem Baubestand anpasst. Die Baumaterialien sind Holz für die Konstruktion und Außenfassade, Stroh als Dämmung und Lehm als Innenputz. Bei der gesamten Materialverwendung lag der Fokus auf Baustoffen, die im Falle eines Rückbaus sortenrein getrennt und weiterverwendet oder entsorgt werden können. Die techn. Installationen sind in einer jederzeit zugänglichen Art verbaut. Dies ermöglicht reduzierten Aufwand bei Instandsetzungen oder technischen Anpassungen. Die CO2-Emission des Baus wurde durch natürliche Baustoffe minimiert. Es sind Voraussetzungen geschaffen für eine CO2-Ausstoß-reduzierte Betriebsphase des Gebäudes. Durch dieses Pilotprojekt konnte in der Praxis nachgewiesen werden, dass eine nachhaltige Stroh-Lehmbauweise nach den Prinzipien von cradle-to-cradle auch im öffentlichen Bau möglich ist.
Umsetzungsprozess
Im Planungsprozess wurde bereits ein geringstmöglicher Ressourcenverbrauch von Fläche und Material impliziert. Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren aus dem Wohnungsbau entstand die Idee eines Schul-Gebäudes in Stroh-Lehmbauweise. Im Genehmigungsprozess bedurfte es z.T. umfangreicher Abstimmungen, um die Zielvorgaben von z.B. Akustik und Brandschutz gleichermaßen einhalten zu können. Ab der Ausführungsplanung mussten Lösungen jenseits der üblichen Herstellungsprozesse berücksichtigt werden. Um das im öffentlichen Bau geltende Vergaberecht einhalten zu können, wurden Probearbeiten mancher Gewerke durchgeführt, damit diese später vergabekonform beschrieben werden konnte. Es kamen z.T. alte Handwerkskünste zum Einsatz mit hohen Anteil an händischer Arbeit. Die Fachplanungen konnten sich nicht auf etablierte Vorgehensweisen verlassen, sondern die Schnittstellen mussten einzelfallbezogen abgestimmt werden. Für die Materialwahl wurde eine materialökologische Beratung hinzugezogen.