Der Staat sind wir. Als gewählte und ehemalige (Ober-)Bür­ger­meis­ter und Bür­ger­meis­te­rin­nen, als Ministerin, als ehemaliger Mi­nis­ter­prä­si­dent, als Stadträtin, als (ehemalige) Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­ten­de. Aber für uns gilt auch: Der Staat bist Du. Aber was bedeutet dieser Satz genau? Was bedeutet er in einem Moment, in dem der Staat direkt angegriffen wird?

Vor den Wahlen am Wochenende in Sachsen und Thüringen, später Brandenburg, ist es wichtig, daran zu erinnern, was das Klima in diesem Land ist. Es wurden und werden Politiker:innen und politisch Aktive attackiert und bedroht, die ihre de­mo­kra­ti­schen Grundrechte ausüben. Wenn Politiker:innen etwa angegriffen werden, während sie Wahlplakate aufhängen, dann geht es nicht mehr um eine inhaltliche Aus­ein­an­der­set­zung – dann ist das ein Bruch mit dem de­mo­kra­ti­schen Prozess als Grund­kon­sens. 

Es ist an der Zeit zu begreifen, was hier geschieht: Egal ob aus politischen, ras­sis­ti­schen, an­ti­se­mi­ti­schen, an­ti­mus­li­mi­schen, homophoben oder transphoben Motiven – immer, wenn ein Mensch aus diesen Gründen angegriffen wird, ist das auch ein Angriff auf uns alle. Wir sind eine liberale, freie und de­mo­kra­ti­sche Ge­sell­schaft. Ge­sell­schaft­li­che Konflikte wollen wir friedlich lösen. Wir können diese Angriffe auf unsere Ge­sell­schaft nicht tolerieren.

Wir sind als Ge­sell­schaft an einem Punkt angekommen, wo manche Dinge sehr genau benannt und durchdacht werden müssen. Die Demokratie, davon sind wir überzeugt, muss vor Kräften geschützt werden, die immer stärker werden – aber noch weit davon entfernt sind, auch nur ansatzweise eine Mehrheit zu sein. Das ist schon mal eine gute Grundlage. Das ist die Basis für den Optimismus, der uns leitet. Wir glauben daran, dass der Staat, die funk­tio­nie­ren­de Verwaltung, die or­ga­ni­sier­te Demokratie die beste Basis ist für ein gutes Zu­sam­men­le­ben. 

Dieses Zu­sam­men­le­ben muss verteidigt werden. Das bedeutet auch, dass Staat und Zi­vil­ge­sell­schaft nun zu­sam­men­rü­cken müssen. Und die Verwaltung, die durch ihre Arbeit genau an dieser Schnitt­stel­le ist, muss Teil der Ver­tei­di­gung dieser Demokratie werden. Staat und Ge­sell­schaft sind also nur gemeinsam zu betrachten, nicht getrennt. 

Menschen, die im Staat arbeiten, sind Väter, Mütter, Gamer, Gärtner:innen, homosexuell, verheiratet, Wan­der­freun­de, Schüler:innen, Skatfreunde, Fuß­ball­freund:innen, Radfahrer:innen. Menschen in der Verwaltung sind, formal, auf das Grundgesetz ver­pflich­tet – und für viele ist das nicht nur formal wichtig, für sie ist es essenziell für das, was sie jeden Tag tun. Sie sehen sich als Teil des Staates und damit als Teil dieser Demokratie, die auf den Werten des Grund­ge­set­zes aufbaut, vor allem Artikel 1, die Würde des Menschen ist unantastbar. 

Aber reicht diese Ver­pflich­tung? Was also sollen wir tun? Vielleicht ist es ein Anfang fest­zu­stel­len, dass Demokratie, historisch, kein originärer Auftrag der Verwaltung war – sie war ein Instrument der Macht oder, wie Max Weber es nannte, Herrschaft im Alltag. Das hat sich nach 1945 geändert, als mit dem Diktum „Nie wieder!“ und der Erkenntnis über die Rolle der Verwaltung im Dritten Reich sich auch der de­mo­kra­ti­sche Auftrag änderte.

Verwaltung, so gesehen, ist auch eine Frage der Werte, der de­mo­kra­ti­schen Werte. Das ist der äußere Anspruch jedenfalls. Die innere Wirk­lich­keit ist, wenn man die Verwaltung als Teil der Ge­sell­schaft sieht, womöglich anders. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Verwaltung in irgendeiner Weise und automatisch zum Schutz der Demokratie beiträgt, nur weil es so vorgesehen ist.

Die Zeiten, das zeigt sich, sind andere geworden – wir stehen vor einer dra­ma­ti­schen Zäsur. Die Demokratie ist in Gefahr, Menschen sind in Gefahr, die Grundlagen unseres Zu­sam­men­le­bens sind in Gefahr. Geschichte wiederholt sich nicht, aber Formen von Un­ter­drü­ckung, Un­mensch­lich­keit und Rassismus ähneln sich. Wir müssen handeln.

Anders gesagt: Dieser Moment ist anders, es muss sich etwas ändern im Selbst­ver­ständ­nis von uns allen, von jeder und jedem Einzelnen, in der Verwaltung und auch außerhalb. Der Punkt der Verwaltung ist, dass dort in ein paar Monaten Menschen in Ver­ant­wor­tung kommen könnten, kommen werden, die sehr klare Absichten haben, sehr ausgefeilte Strategien, weil sie Teil einer weltweiten an­ti­de­mo­kra­ti­schen Bewegung sind, die sehr gefestigte Strukturen hat. 

Was haben wir? Wie sind wir vorbereitet? Geht es um das Grundgesetz und dessen Werte oder um das eigene Gewissen und was daraus folgt? Muss sich nicht jede und jeder erst einmal selbst fragen, was Demokratie, Pluralismus, Mei­nungs­frei­heit, Toleranz bedeuten – und was die Verwaltung dafür tun kann, damit diese de­mo­kra­ti­schen Werte gesichert werden?

Und es gibt ja Mittel und Wege: Die Re­mons­tra­ti­ons­pflicht etwa sieht vor, dass sich Beamte mit einer Ge­gen­vor­stel­lung oder einer Einwendung gegen die Weisung eines Vor­ge­setz­ten erheben müssen, wenn Bedenken gegen die Recht­mä­ßig­keit einer Weisung bestehen. Es gibt hier keinen Er­mes­sens­spiel­raum.

Wo also ist der Ort der Demokratie? Die Verwaltung sollte nicht miss­ver­stan­den werden als Speerspitze der de­mo­kra­ti­schen Ver­tei­di­gung. An­de­rer­seits sind die Wi­der­stands­mög­lich­kei­ten hier besonders groß, weil die Strukturen und Abläufe, kompliziert, wie sie sein mögen, auch eine gewisse de­mo­kra­ti­sche Ver­läss­lich­keit bedeuten. 

Als Un­ter­zeich­nen­de rufen wir deshalb Mit­ar­bei­ten­de aller Ver­wal­tun­gen auf, sich ihrer Bedeutung in der Erhaltung unserer frei­heit­lich-rechts­staat­li­cher Grund­struk­tu­ren bewusst zu sein und wo nötig – auch von ihrem Recht, ja ihrer Pflicht Gebrauch zu machen, auf gefährdende Fehl­len­kun­gen hinzuweisen, und zu re­mons­trie­ren. 

Gleich­zei­tig zeigt sich bei dieser Betrachtung auch ein anderer Konflikt – zwischen dem Versuch, den Staat zu verteidigen, und dem Bemühen, den Staat zu erneuern. Im Staat sind dringende Reformen notwendig – aber gerade die Parole „Bewahren und verteidigen“, führt oft zur Bewahrung des Status Quo als gelernte Reaktion. So aber werden viele Dis­kus­sio­nen beendet, weil man die Reform des Staats­we­sens nicht grund­sätz­lich angeht. 

Der Fehler dabei: Die aktuelle Ver­fasst­heit des Staates trägt dazu bei, dass die Un­zu­frie­den­heit wächst und das Vertrauen in die In­sti­tu­tio­nen sinkt. Eine wehrhafte Demokratie ist deshalb eine Demokratie – und Verwaltung – in Veränderung. Dieser Ver­ant­wor­tung wollen und werden wir uns über die Par­tei­gren­zen hinweg stellen.

Erst­un­ter­zeich­nen­de

  • Dr. Birgit Kreß, Erste Bür­ger­meis­te­rin, Markt Erlbach
  • Claudia Straub, Fort­bil­dungs­be­auf­trag­te und Per­so­nal­re­fe­ren­tin, Bun­des­kanz­ler­amt
  • Daniel Iliev, Bür­ger­meis­ter, Stadt Heringen
  • Doreen Denstädt, MdB, Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Ver­brau­cher­schutz
  • Eileen O´Sullivan, Stadträtin und Dezernentin, Stadt Frankfurt am Main
  • Hans-Josef Vogel, ehemaliger Re­gie­rungs­prä­si­dent, Re­gie­rungs­be­zirk Arnsberg
  • Jana Borkamp, Ab­tei­lungs­lei­te­rin, Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
  • Julia Kümper, Teamleitung Wirt­schafts­för­de­rung, Region Hannover
  • Maral Koohe­sta­ni­an, Stadträtin und Dezernentin, Stadt Wiesbaden
  • Peter Kurz, ehemaliger Ober­bür­ger­meis­ter, Stadt Mannheim
  • Rico Badenschier, Ober­bür­ger­meis­ter, Stadt Schwerin
  • Tobias Hans, Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter und ehemaliger Mi­nis­ter­prä­si­dent, Saarland
  • Tobias Krüger, CDO im Ministerium für In­fra­struk­tur und Digitales, Sachsen-Anhalt
  • Ulrich Hörning, Bür­ger­meis­ter und Bei­geord­ne­ter für Allgemeine Verwaltung, Stadt Leipzig
  • Uwe Schnei­de­wind, Ober­bür­ger­meis­ter, Stadt Wuppertal
  • Verena Göppert, ehemalige stell­ver­tre­ten­de Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin, Deutscher Städtetag
  • Zehra Öztürk, stell­ver­tre­ten­de Re­fe­rats­lei­tung, Se­nats­kanz­lei Hamburg

Weitere Un­ter­zeich­nen­de

  • Klaus Eckert, Bürgermeister, Durmersheim (Lkr. Rastatt/Baden-Württemberg)
  • Carrie Li, Sachbearbeiterin, Berlin
  • Anosha Wahidi, Referatsleiterin im Bundesentwicklungsministerium, Berlin
  • Sebastian Backhaus, Leiter Nachhaltigkeitsmanagement, Freiburg
  • Roland Peter, Vermessungsdirektor a. D., Homberg (Efze)
  • Carolin Vogt, Referentin für Smart City, Wiesbaden
  • Steffen Kühhirt, Fraktionsgeschäftsführer, Schwerin
  • Tim Arnold de Almeida, Oliver Wyman GmbH, Berlin
  • Steffen Kühhirt, Fraktionsgeschäftsführer, Schwerin
  • Edwin Meier, Projekte und Digitalisierung, Ausländerbehörde, Stadt Wiesbaden
  • Patrick Seeger, Sachbearbeiter, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
  • Nora Mitchell, Dezernatssekretariat, Wiesbaden
  • Christine Prokop-Scheer, Geschäftsführerin Lokalprojekte gGmbH, Hatten
  • Jonas Krapf, Projektleiter Klimaschutz, Karls
  • Matthias Pirog, Sachbearbeiter in der SenWEB Berlin, Berlin
  • Till Mayer, Sachbearbeiter, Weimar
  • Sabine Schwittek, Initiative Verwaltungsrebellen, Essen
  • Prof. Klaus Dieter Reichardt, ehem. MdB und MdL / Mannheim
  • Stefan Hetze, Organisationsentwicklung und Digitalisierung, Kreis Nordfriesland
  • Almuth Salentijn, Amtsleitung, Wuppertal
  • Alicia Köppen, Referentin, Bundespresseamt
  • Birgit Neyer, Erste Landesrätin und Kämmerin, LWL
  • Carolin Vogt, Referentin für Smart City, Wiesbaden
  • Jürgen Stache, Ausbilder d.ehem.Hess Bezügest.telletelle i, Kassel
  • Andreas Gottschalk, Changemanager, Heidelberg
  • Uta Katja Schlichte, Sachbearbeiterin, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
  • Judith Hammann, Referatsleiterin, BMFSFJ, Berlin
  • Reinhard Völzke, Referent MAGS NRW, Düsseldorf
  • Peter Broytman, Referatsleiter, Berlin
  • Lisa Vermaasen, Referentin in einer Senatsverwaltung, Berlin
  • Albert V. Schlüter, Berater im Bundesberatungszentrum des BVA, Köln
  • Salina Castle, Referentin, Hamburg
  • Lisa-Marie Honnef, Geschäftsprozessoptimierung und Digitalisierung, Berlin
  • Gloria Schmid, Koordinierungsstelle Istanbul Konvention, Frankfurt am Main
  • Hermann Amecke, Referent / BMUV, Berlin
  • Robin Pfaff, Projektleitung, Kiel
  • Lara Golob, Sachbearbeiterin, Bonn
  • Daniel Plikat, Projektleitung, Sozialbehörde Hamburg
  • Frederike Sturm, Referentin Neue Technologien, Senatskanzlei Hamburg
  • Jasmin Khatami, Referentin, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
  • Marc Dreher, Sozialplaner, Göppingen
  • Christine Krüger, Bundeskanzleramt, Berlin
  • Viktoria Eggers-Heyden, Sachbearbeiterin, Bienenbüttel
  • Frank Schmidtsdorff, Arbeitsvermittlung, Bremen
  • Matthias Otto, Sachbearbeiter LVR-Inklusionsamt, Köln
  • Meryem Alci Turan, SB BfAA, Berlin
  • Sascha Oehme, Leiter Quartiersmanagement, Freiburg
  • Benedikt Paulowitsch, Bürgermeister, Kernen im Remstal
  • Martin Jordan, Head of Design, DigitalService des Bundes, Berlin
  • Stefanie Bub, Mannheim
  • Andreas Hlasseck, Klimamanager, Gelnhausen
  • Chantal Krengel, Kreisinspektorin und Kommunalpolitikerin, Arnsberg
  • Juliane Sachse, Sachbearbeiterin, Leipzig
  • Monika Lenz, Bürosachbearbeiterin BMI, Berlin
  • Nina Wesselky, Geschäftsf. Amtiversum Behördenkommunikation, Gaiberg
  • Anne Hüller, Friedhofsgärtnerin, Hamburg
  • Angelika Oltmanns, Sachbearbeiterin, Bonn
  • Yvonne Häßler, Fachassistentin Leistung SGB III, Montabaur
  • Anna Gehrig, Sachbearbeiterin Finanzverwaltung, Frankfurt
  • Ron Müller, Senior wissenschaftlicherMitarbeiter, Cottbus
  • Jenny Mudra, Sachbearbeiterin, Cottbus
  • Eva Muschalik, Referentin, BMFSFJ
  • Daniel Hoffmann, Beamter, Land Rheinland-Pfalz
  • Elke Jonuscheit, Referentin BMFSFJ, Berlin
  • Siham Skocic, Stabsstellenleitung, Enzkreis
  • Jochen Enke, Wirtschaftsförderung, Enzkreis
  • Julia Tiemann-Kollipost, Referentin Digitalisierungsministerium M-V, Schwerin
  • Christian Kaatz, Head of Engineering, DigitalService des Bundes, Berlin
  • Anne-Marie Pellegrin, Communications Manager, Berlin
  • Theresa Rademacher, Assistentin bei DigitalService GmbH, Berlin
  • Nina Bünger, Referentin im Bundesentwicklungsministerium, Berlin
  • Alex Maier, Oberbürgermeister, Göppingen
  • Anne Lütkes, Regierungspräsidentin aD, Justizministerin aD, Köln
  • Karl-Ulrich Weber, Medientechniker, Bochum
  • Nico Pockel, Referent, Dresden
  • Anita Kazungu, Verwaltungsleitung Frauenreferat, Frankfurt am Main
  • Isabel Glaser, Zentrale Steuerung, Göppingen
  • Elisa Mattioli Lattanzi, Fußverkehrsplanerin, Berlin, Berlin
  • Anna Carla Springob, Bochum
  • Helene Rausch, Abteilungsleitung, Stadt Wittingen, Wittingen
  • Ursula Wolf, Kinder- und Jugendbeauftragte, Eltville am Rhein
  • Jonas Ditz, Referent, Saarbrücken
  • Anne Schwarz, Co-Leitung Stabsstelle Digitalisierung, Offenbach am Main
  • Florian Schwarzkopf, IT Supporter, Göppingen
  • Thomas van Leuck, Referent, THW, Bonn
  • Anne Jehle, Leitung Büro OB, Göppingen
  • Ute Creutzmann, ipunkt, Göppingen
  • Cornelia Steiner, Integrationsmanagerin, Göppingen
  • Carola Bartsch, Stabsstellenleiterin, SenWGP Berlin
  • Wolfgang Burchert, Außenstellenleiter, Dortmund
  • Willi Schwaak, Göppingen
  • Cornelia Maier, Stadt Göppingen, Göppingen
  • Hannah Bergmann, Senior Program Manager Work4Germany/DigitalService, Berlin
  • Katrin Simanek, Sachbearbeiterin, Göppingen
  • Tanja de Sousa Freitas, Sanierungsstelle, Stadt Göppingen
  • Eva-Maria Peter, Bauzeichnerin, 73033 Göppingen
  • Iris Bothe, Stadträtin Jugend, Bildung, Integration, Soziales, Wolfsburg
  • Katrin Dedolf, Kinderbeauftragte der Stadt Wolfsburg, Wolfsburg

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