Was wäre, wenn es keine Hierarchien und keine Ressortgrenzen gäbe?
Stabsstelle Verwaltungs- und Managemententwicklung, Stadt Karlsruhe
Innovativ und quervernetzt, Karlsruhe
- Die Stadt hat sechs verschiedene Korridorthemen identifiziert und prioritäre Projekte zugeordnet.
- Teams werden über Dezernatsgrenzen hinweg zusammengesetzt.
- Die Verwaltung muss agil werden, wenn sie Quereinsteiger:innen anziehen will.
Ich bin seit vier Jahren hier in Karlsruhe in der Verwaltung. Was mich bei meiner Arbeit bewegt, ist die Frage, wie wir Teams in ihrer Zusammenarbeit bestmöglich unterstützen können. Gerade bei der Projektarbeit sind ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Selbstorganisation elementar. Es geht darum, dass wir in der Verwaltung lernen, offener zu gestalten, um auch als Arbeitgeberin attraktiv zu bleiben und dabei deutlich zu machen, dass wir in einer Welt leben, in der Arbeit einen Sinn stiften soll.
Die IQ-Arbeitsweise, die unter dem Motto „innovativ und quervernetzt“, kurz IQ, agiert, setzt diese Gedanken um. Seit 2017 gibt es diese Arbeitsweise in Karlsruhe – das Ziel ist es, wichtige Themen der Stadt schneller, hierarchiefreier, unbürokratischer anzugehen. Wir haben dafür sechs Korridorthemen definiert: Grüne Stadt, Zukunft Innenstadt, Moderne Verwaltung, Soziale Stadt, Mobilität und Wirtschafts- und Wissenschaftsstadt. In diesen Korridorthemen werden fünf bis sechs Leitprojekte oder auch Zukunftsaufgaben gesetzt.
Das Entscheidende dabei ist, dass die Teams über Dezernatsgrenzen hinweg zusammengesetzt sind, mit möglichst verschiedener Expertise. Die Teams werden in ihrer Arbeit von uns begleitet, wir organisieren einen Kickoff, bringen agile Methoden und digitale Tools ins Spiel, sodass das Team bestmöglich zusammenarbeiten kann. Das Zusammenspiel agiler Arbeitsmethoden und intelligenter Vernetzung über Fach- und Hierarchiegrenzen hinweg, schafft Synergien und erschließt neue Potenziale. Die IQ-Arbeitsweise erlaubt zeitnah und adäquat auf Veränderungen zu reagieren.
Wenn wir agil und modern arbeiten wollen und auch immer mehr Quereinsteiger:innen in der Verwaltung tätig sind, müssen wir diesen Spirit entwickeln, der sich ja nach und nach auf die ganze Verwaltung überträgt. Wir müssen uns immer weiterentwickeln, weiter offen und neugierig und lernfähig bleiben und die Netzwerke nutzen – nicht nur in andere Kommunen, sondern auch in andere Unternehmen hinein.
Es gibt mittlerweile viele Städte, die Ansätze der IQ-Arbeitsweise auf ihre Art und Weise adaptiert haben, die Mitarbeitenden befähigen, selbstorganisierter zu arbeiten, Netzwerke zu nutzen und Selbstwirksamkeit stärken. Und eines ist klar: Es funktioniert umso besser, wenn es auch von den Führungskräften gelebt wird.
Laura Stricker arbeitet in der Stabsstelle Verwaltungs- und Managemententwicklung der Stadt Karlsruhe.
Was bedeutet es, wenn staatliches Handeln anders strukturiert wird?
Wenn wir von Staatsreform sprechen, dann stellt sich schnell die Frage: Wer treibt diese Staatsreform? Ist es eine Aufgabe des Bundes, der jeweils gegenwärtigen Regierung? Ist es eine akademische Übung, weil zuerst gedacht werden muss, was dann gemacht wird? Ist die Zivilgesellschaft der Ort des Wandels? Oder, und das würde viel Druck aus dem System nehmen, passiert die Staatsreform längst, jeden Tag, in der Praxis? So machen es Menschen wie Laura Stricker vor: Sie zeigen vor Ort konkret, wie staatliche Aktivität auch jenseits von Hierarchien selbstorganisiert strukturiert werden kann. Hier zeigt sich, wie der Staat kulturell und institutionell eine neue Organisationsform finden kann, die praktikabel ist, funktionell und stärker zugeschnitten auf eine dynamische Umgebung und menschliche Bedürfnisse zugeschnitten. Otto Scharmer, der am Massachusetts Institute of Technology lehrt, beschreibt diesen Paradigmenwechsel so: Von einem mechanischen Ego-System zu einem emergenten Eco-System. Das Fazit: Es bedarf persönlicher und kollektiver Transformationsprozesse, um neue staatliche Strukturen zu entwickeln – die wiederum Antworten auf die geänderten Umstände unserer Zeit liefern können.