Was wäre, wenn Fördergelder direkt in Wirkung investiert werden?
Hauke Diederich, Leitung Klima-Innovationen der Abteilung Klimaschutz, Landeshauptstadt Stuttgart
Viele gute Ideen für den Klimaschutz können ihre volle Wirkung nicht entfalten. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass klassische Förderprogramme viel Zeit und Energie bündeln, weil geförderte Organisationen endlose Nachweise und Berichte erstellen müssen. Gleichzeitig muss auch die Verwaltung ihre Ressourcen in die Prüfung von Verwendungsnachweisen und Berichten stecken, anstatt geförderte Organisationen mit ihren Kompetenzen und Netzwerken zu unterstützen. So fehlt auf beiden Seiten die Kraft, Innovationen wirklich voranzubringen.
Mit dem Stuttgarter Klima-Innovationsfonds haben wir ein Instrument geschaffen, das genau hier ansetzt. Wir fördern Projekte, die wirken und schnell umsetzbar sind, mit bis zu 500.000 Euro. So wollen wir die besten Klima-Innovationen nach Stuttgart holen. Unser Anspruch ist, dass sich die geförderten Projekte voll auf die Umsetzung konzentrieren können und die Förderung möglichst unbürokratisch läuft.
Dazu haben wir ein System der ergebnisbasierten Finanzierung entwickelt: Wir legen mit den Projekten Ziele fest, die mit Teilzahlungen der Förderung hinterlegt sind. Sind die Ziele erreicht, wird die Förderung ganz ausgezahlt. Dafür braucht es nicht viel Papierkram, nur einen soliden Nachweis, dass das Ziel erreicht ist sowie eine tabellarische Übersicht über die Ausgaben. Den Projekten ersparen wir so das Erstellen von Berichten und umfangreiche Abrechnungen, wie sie in anderen Förderprogrammen üblich sind. Und wir in der Stadtverwaltung können uns darauf konzentrieren, zu prüfen, was wirklich wichtig ist: das Erreichen der vorab festgelegten Ziele.
Inzwischen haben wir knapp 14 Millionen Euro vergeben und somit jeweils das jährliche Fördervolumen ausgeschöpft. Wir fördern Klima-Innovationen, um sie erstmals im größeren Maßstab in Stuttgart umzusetzen und den geförderten Organisationen die Möglichkeit zu geben, Ihre Lösung zu beweisen: von Wärmepumpen für einzelne Etagenwohnungen über Wohnraumsuffizienz und die Elektrifizierung des städtischen Lieferverkehrs bis hin zu begrünten, biodiversen Fassaden.
Einerseits können Bürger:innen diese Innovationen damit direkt selbst erleben und nutzen. Andererseits ist es einigen geförderten Organisationen – oft Start-ups – gelungen, so auch Investor:innen oder große Akzeleratoren für sich zu gewinnen. Für diesen Erfolg wurden wir mit dem „Bewährt vor Ort“-Siegel in den Kategorien „Verwaltung von morgen” und „Klima- und Ressourcenschutz sowie Klimafolgenanpassung“ ausgezeichnet.
Die finanzielle Förderung stellt aber nur einen Teil des Klima-Innovationsfonds dar. Die Einsparungen bei der Zeit für die Prüfung von Berichten und Belegen nutzen wir, um die Projekte zu unterstützen. Dazu bringen wir die geförderten Lösungen mit unseren Netzwerken in die Ämter der Stadtverwaltung, mit Bürgermeister:innen, aber auch mit relevanten Akteur:innen außerhalb der Verwaltung zusammen. So werden frühzeitig Herausforderungen erkannt und potentielle Partner:innen gefunden.
Bei der Entwicklung des Stuttgarter Klima-Innovationsfonds haben wir auch gelernt, wie wichtig die enge Zusammenarbeit mit unserer Kommunikationsabteilung ist. Sie sorgt dafür, dass unsere Arbeit sichtbar wird und die Projekte die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Davon profitieren beide Seiten: Wir erhalten durch die starke Präsenz in der Klimakommunikation mehr und qualitativ bessere Anträge, während die Kommunikationsabteilung mit konkreten Beispielen zeigen kann, dass Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel in unserer Stadt tatsächlich in Schwung kommen. So wird deutlich, dass es beim Klimaschutz nicht nur Anforderungen an die Bürger:innen und immer strengere Regeln gibt, sondern unsere Stadt selbst Verantwortung übernimmt und innovative Lösungen für die Bürger:innen bietet. Diese Sichtbarkeit schafft Vertrauen und macht Mut, neue Ideen einzubringen.
Natürlich begegnen wir auch Herausforderungen. Wir bewegen uns auf rechtlichem Neuland, da es bisher kaum Vorgaben oder Rechtsprechung für ergebnisbasierte Förderungen gibt. Ergebnisse so zu definieren, dass sie überprüfbar, spezifisch und zugleich flexibel genug sind, ist eine Kunst. Außerdem sind wir noch stark vom kommunalen Haushalt abhängig. Wir sind aber dabei, neue Finanzierungsquellen zu erschließen, um den Fonds langfristig unabhängig zu machen.
Trotzdem sehen wir, welche Wirkung der Klima-Innovationsfonds in Stuttgart bereits entfaltet und genau das treibt uns an. Wir haben unseren Ansatz von Anfang an so gewählt, dass er in anderen Kommunen einfach replizierbar ist. Denn unser Wunsch ist, dass mehr Kommunen den Mut finden, ähnliche Wege zu gehen. Denn Lösungen für den Klimaschutz, die direkt umgesetzt werden, brauchen wir jetzt. Städte können dabei eine entscheidende Rolle spielen, indem sie Förderprogramme aufsetzen, die sich auf Wirkung konzentrieren und Projekte nicht in Bürokratie ersticken. Wer Interesse hat, diesen Weg auch zu gehen, darf unsere Förderrichtlinie gerne kopieren. Wir diskutieren auch gerne unsere Erfahrungen.
Erfahre mehr:
- Stuttgarter Klima-Innovationsfonds
- LinkedIn-Profil von Hauke Diederich
- Bewährt vor Ort
- Projekt E-Valuate von Agora Digitale Transformation