Was wäre, wenn wir die digitale Trans­for­ma­ti­on in der Verwaltung gemeinsam gestalten?

Ingrid Christ, Olaf Neumann (beide Di­gi­ta­l­Agen­tur Brandenburg GmbH, DatenAdler), Bianca Sammer und Maximilian Melle (beide open bydata competence center der byte – Bayerische Agentur für Digitales)

 

Ob neue Fahrradwege gebaut, Künstliche Intelligenz trainiert oder Forschung betrieben werden soll: Immer braucht man valide Daten. Unternehmen und Start-ups, Wis­sen­schaft und Verwaltung sind für ihre Arbeit auf ver­läss­li­che und große Datenmengen angewiesen. Der Zugang zu Daten ist damit einerseits ein Wirt­schafts­fak­tor und ermöglicht an­de­rer­seits gute und praxisnahe Ent­schei­dun­gen in Politik und Verwaltung.

Offen zugängliche Daten senken ins­be­son­de­re Markt­ein­tritts­bar­rie­ren und fördern so In­no­va­tio­nen. Sie machen es auch leichter, die Aus­wir­kun­gen politischer Maßnahmen vor­her­zu­sa­gen oder im Ka­ta­stro­phen­fall fundiert zu reagieren. Der freie Zugang zu Ver­wal­tungs­da­ten stärkt zudem die Transparenz des Staates und ermöglicht re­chen­schafts­pflich­ti­ge Re­gie­rungs­füh­rung.

Die Her­aus­for­de­rung ist: Die Da­ten­land­schaft ist stark zer­split­tert – sie verteilt sich auf un­ter­schied­li­che Plattformen und Ver­wal­tungs­ebe­nen, was das Finden von Daten erheblich erschwert. Wer Daten benötigt, muss diese erst mühsam re­cher­chie­ren und häufig Daten-Be­reit­stel­len­de oder Kommunen einzeln kon­tak­tie­ren. Diese Frag­men­tie­rung hemmt In­no­va­tio­nen, weil wichtige In­for­ma­tio­nen nicht sofort verfügbar sind. 

Zu diesem Zweck haben wir in Bayern das Open-Data-Portal „open.bydata” im Jahr 2023 gestartet, über das aktuell mehr als 23.000 Datensätze von über 145 Daten-Be­reit­stel­len­den geteilt werden. Aus einem Austausch der Di­gi­ta­l­agen­tu­ren Bayerns und Bran­den­burgs zum Thema Open-Data-Portale entstand die Idee zur Nachnutzung des Portals.

Wir haben in Brandenburg diese Plattform unter dem Namen „DatenAdler” adaptiert und sie an Bran­den­bur­ger Bedarfe angepasst. Für diese Nachnutzung erhielt der DatenAdler den Ko-Pionier-Preis, der die Bedeutung von Kooperation und Wie­der­ver­wen­dung im digitalen Zeitalter hervorhebt (2. Platz in der Kategorie Di­gi­ta­li­sie­rung der Verwaltung). 

Von Daten zum Hoch­was­ser­ri­si­ko, der Be­völ­ke­rungs­ent­wick­lung über die letzten Wahl­er­geb­nis­se bis hin zu zahlreichen Umweltdaten – der DatenAdler ermöglicht Verwaltung, Bürgern und Bürgerinnen, Wirtschaft und Wis­sen­schaft glei­cher­ma­ßen Zugriff auf offene Daten. Fast 11.000 Datensätze werden mitt­ler­wei­le von über 60 öf­fent­li­chen Daten-Anbietenden geteilt. Bei­spiels­wei­se von Lan­des­äm­tern, Ministerien, Kommunen oder dem Geoportal von Brandenburg. 

Die Offenheit Bayerns, seine Erfahrungen und Lösungen zu teilen, ermöglichte es uns in Brandenburg, von diesen Er­kennt­nis­sen zu profitieren und sie für unsere eigene digitale Agenda nutzbar zu machen. Der DatenAdler basiert auf der Open-Source-Software piveau, die vom Fraunhofer-Institut entwickelt wurde und die wir in Bayern schon für die Zwecke unseres Open-Data-Portals angepasst hatten.

Dadurch konnten wir in Brandenburg bereits auf eine optimierte Version zugreifen. Durch die enge Zu­sam­men­ar­beit der Teams beider Bun­des­län­der konnten wir den DatenAdler deutlich schneller und günstiger als eine Neu­ent­wick­lung aufsetzen. Die Nachnutzung hat so gut geklappt, dass uns das beide zur Zu­sam­men­ar­beit mit weiteren Ländern motiviert. Erste Nachfragen wurden bereits an uns her­an­ge­tra­gen. Open Source bietet eine große Chance für die dringend notwendige digitale Trans­for­ma­ti­on der föderalen Verwaltung.

Ein besonderes Feature von open.bydata sind die eigenen, maß­ge­schnei­der­ten Open-Data-Präsenzen, die den Res­sour­cen­auf­wand der Daten-Be­reit­stel­len­den reduzieren und so das Teilen der Daten erleichtern. Diese können als Mini-Portale in­di­vi­dua­li­siert von Behörden, Kommunen oder anderen Institution ein­ge­rich­tet werden und sind nahtlos in die In­fra­struk­tur des zentralen Portals integriert – mit der Möglichkeit, Daten-Vi­sua­li­sie­run­gen für ausgewählte Datensätze auf der Startseite zu prä­sen­tie­ren.

Im Rahmen der Adaption dieses Features haben wir das Portal für Brandenburg noch erweitert. Der modulare Aufbau der Software macht dies leicht möglich, wie im Falle der Über­sichts­sei­te aller Kom­mu­nal­prä­sen­zen, auch wenn wir im Moment in Brandenburg nur mit einer Kom­mu­nal­prä­senz gestartet sind. Mit der Kom­mu­nal­prä­senz erhalten Städte und Gemeinden die Möglichkeit, ihre regionalen, offenen Daten und Da­ten­por­ta­le sichtbar und zugänglich zu machen. Bürger und Bürgerinnen können zum Beispiel sehen, wie sich der Anteil von Strom aus er­neu­er­ba­ren Energien und die Be­völ­ke­rungs­zahl in den letzten Jahren entwickelt haben.

Wichtig in Brandenburg und neu im Portal: Die Waldbrand-Gefahren-Stufen können bezogen auf die Kommune aktuell und in ihrer Historie angezeigt werden. Die Daten kommen aus dem lan­des­wei­ten Datensatz, der über das Portal auch abrufbar ist. Dieses Beispiel zeigt, dass die Nachnutzung von Lösungen Vorteile für beide Seiten bringt.

Denn auch wir in Bayern sind von der Idee, eine Über­sichts­sei­te für die eigenen Open-Data-Präsenzen nicht nur auf der Webseite des open bydata competence center, sondern auch direkt in unser Portal zu integrieren, inspiriert.

Mittels des neuen DatenAdlers waren wir in Brandenburg in der Lage zahlreiche hochwertige Datensätze (HVD) zu ver­öf­fent­li­chen. Brandenburg wurde in kurzer Zeit zu einem der führenden Be­reit­stel­len­den hoch­wer­ti­ger Daten, wie bei­spiels­wei­se Geodaten, Erd­be­ob­ach­tung und Umwelt oder Mobilität. Die gesetzliche Ver­pflich­tung, Daten be­reit­zu­stel­len, war für uns dabei eine Chance und kann ein Katalysator für eine nachhaltige Da­ten­in­fra­struk­tur sein. Das Portal hat dabei den Vorteil, dass es eine hohe At­trak­ti­vi­tät und Nutzbarkeit aufweist. So werden immer mehr Ver­wal­tun­gen in Brandenburg aufmerksam, die ihre Daten auch über den DatenAdler be­reit­stel­len möchten. 

Da bei Open Data die Nutzung der Daten immer schon mitgedacht wird, haben wir vom open bydata competence center der byte – Bayerische Agentur für Digitales mit dem Open-Data-Round-Table ein Netz­werk­for­mat eröffnet, das Ver­tre­te­rin­nen und Vertreter aus Verwaltung, Zi­vil­ge­sell­schaft, Wirtschaft und Wis­sen­schaft zu­sam­men­bringt. Mit dem Ziel, Erfahrungen zu teilen, neue Projekte anzustoßen und Nut­zer­feed­back direkt in die Wei­ter­ent­wick­lung des Portals einfließen zu lassen.

Hier werden bei­spiels­wei­se Ansätze diskutiert, wie Open-Data-Strukturen in der Verwaltung erfolgreich aufgebaut und die Qualität von Rohdaten verbessert werden kann – ebenso wie Fra­ge­stel­lun­gen, was die Zi­vil­ge­sell­schaft für die Umsetzung guter Projekte braucht.

Die Zu­sam­men­ar­beit bei der Nachnutzung des bayerischen Modells und Anpassung an die bran­den­bur­gi­schen Bedürfnisse haben uns gezeigt, wie wir durch Kooperation, offenen Austausch und die Nutzung von Open-Source-Lösungen si­gni­fi­kan­te Fort­schrit­te in der digitalen Verwaltung und im öf­fent­li­chen Da­ten­ma­nage­ment erzielen können. Und die Nachfrage nach den auf open.bydata und dem DatenAdler ver­öf­fent­lich­ten Daten un­ter­streicht die Bedeutung offener Daten im digitalen Zeitalter. Für uns war die gute Zu­sam­men­ar­beit zwischen Bayern und Brandenburg äußerst motivierend, denn wir alle wollten dasselbe: eine funk­tio­nie­ren­de Lösung. 

 

Hier geht es zu den Open-Data-Plattformen:

Der Ko-Pionier-Preis würdigt den großen Aufwand, für die Adaption bereits bestehender Lö­sungs­an­sät­ze an die eigene Ver­wal­tungs­wirk­lich­keit. Denn gute Ver­wal­tungs­lö­sun­gen gibt es schon, sie müssen nicht immer neu erfunden werden. Deswegen haben wir gemeinsam mit dem Behörden Spiegel, Deutschen Land­kreis­tag, Deutschen Städte- und Ge­mein­de­bund, der FITKO, Fraunhofer FOKUS, GovDigital, KGSt und dem NExT­Netz­werk, im März 2025 zum ersten Mal Menschen in Ver­wal­tun­gen oder ganze Ver­wal­tungs­be­rei­che mit dem Ko-Pionier-Preis aus­ge­zeich­net, die bereits bestehende Ver­wal­tungs­lö­sun­gen nachnutzen – statt alles neu zu denken.

Diesen Text haben wir am 12. Juni 2025 in unserem Re:Form-Newsletter versendet. Melde Dich jetzt an und erhalte die neuesten Ausgaben direkt in Dein Postfach.